Es war einmal vor langer, langer Zeit... Genau genommen war es unser Tag der offenen Tür im Jahre 2023 als dieser schöne IMSAI8080 Clone als Spende den Weg in unser Museum gefunden hat. Leider gab uns der Spender gleich mit auf den Weg, dass das Gerät irgendwann in grauer Vorzeit mal funktioniert hatte, es aber wohl jetzt nicht mehr tut. Aber ein IMSAI8080 ist aus heutiger Sicht schon selten. Wir konnten also davon ausgehen, dass ein auf M100 umgelabelter Rechner, gefertigt und vertrieben von einem Braunschweiger Ingenieurbüro, noch viel seltener in freier Wildbahn anzutreffen ist. Und schon gar nicht mit dem passenden Terminal und einer uralten Seagate ST-506 Festplatte in voller Bauhöhe.

Nach einem ersten mutigen Einschaltversuch tat sich erstmal absolut gar nichts. Die Messung der Spannungen des Netzteils waren aber alle absolut im Sollbereich. Bei den Ausmaßen und der Dimensionierung des Netzteils war ein Defekt an selbigem auch eigentlich undenkbar. Nach wenigen Minuten rauchten dann auf einigen Platinen auch schon die ersten Pufferkondensatoren ab. Und es verbreitete sich der wohlige Geruch defekter Hardware. Aber die waren schnell ersetzt, brachten aber keinen Erfolg.

Der nächste Schritt war es dann eine Anleitung von vorne nach hinten abzuarbeiten 'typische Fehler und Fallen beim IMSAI'. Immerhin hat die Festplatte jetzt zumindest ihre Kontrolllampe für den Zugriff angeschaltet, mehr tat sich nicht. Mittlerweile waren einige Monate vergangen und der Rechner gab immer noch keine Lebenszeichen von sich. Es erfolgte weder ein Zugriff auf das 5 1/4'' Laufwerk noch auf die Festplatte. Zu der Zeit entstand bei uns der Gedanke ein kleines Test-ROM zu brennen um wenigstens die rudimentären Funktionen des Rechners nebst seiner Schalter-Armada zu prüfen. Das Panel hat vorne die Anzeige für den Port $FF verbaut, hier wurde dann mit dem OUT Befehl ein Bitmuster zur Anzeige gegeben.

Glücklicherweise waren wir im April 2024 auf der DoReCo Veranstaltung im HNF in Paderborn als Aussteller vertreten. Und unter anderem wurde ich von Peter-Christian auf den RCT hingewiesen. Dessen Platine, schon mit einem geflashten Microcontroller versehen, wurde dort zu einem Vorzugspreis an die Community abgegeben. So ein Gerät wollte ich mir schon immer mal zusammenbauen. Vor allem weil es auch jede Menge Arten von alten RAM-Chips durchtesten kann.


Es verging wieder eine Weile bis ich die BOM (Bill of materials) zusammengekauft hatte. Und das Gerät musste montiert und in ein schönes Gehäuse verpackt werden.

Jetzt war es endlich möglich die ganzen TTL-ICs und auch den auf der 64k RAM Platine verbauten Speicher einmal komplett durchzutesten. Und es fanden sich tatsächlich einige defekte ICs sowie eine Handvoll Speicherchips, welche die Tests des RCTs nicht fehlerfrei durchliefen.

Diese wurden nach und nach ersetzt und zu dieser Zeit, es müsste so im Sommer 2024 gewesen sein, lief zumindest unser Test-ROM im Single-Step Modus das erste Mal durch. Aber bezüglich Festplatte, absolute Fehlanzeige und noch überhaupt nicht dran zu denken.
Ich wand mich hilfesuchend an meine Mastodon-Follower, ob nicht irgendwer irgendwen kennt, der sich mit dem IMSAI8080 auskennt. Ich erhielt daraufhin den Rat mich an die Facebook-Gruppe zu dem Thema zu wenden. Nur schade 'isch habe gar kein Facebook' :) Aber der Tippgeber wollte sich kümmern und so bekam ich einige Tage später eine Mail von Jonathan Haddox. Ich würde ihn jetzt mal als einen der führenden Experten auf dem Gebiet dieses Rechners einordnen. Es entspann sich anschliessend eine rege Konversation per E-Mail. Unter anderem fiel Jonathan in einem disassemblierten Listing des Boot-ROMs der Name Bodo Wenzel auf. Diesen wiederrum kannte Peter-Christian zufällig, weil er seinerzeit auf die gleiche Uni ging - 'die Welt ist ein Dorf!' Auch zu Bodo habe ich dann Kontakt aufgenommen und er bestätigte mir, dass es sich wohl um seinen ehemaligen Rechner handelte. Auch stellte er mir jede Menge alte Sourcen zur Verfügung, die vor Dekaden auf einem Atari für den Kneisner entstanden sind.

Jonathan gab mir den Tipp mir wegen der offensichtlich defekten Festplatte den MFM-Emulator doch mal anzuschauen. Dieser simuliert alte MFM-Platten und stellt deren Inhalt einfach aus einer Datei zur Verfügung. Den hatte ich mir dann auch noch bestellt. Aber auch das von Jonathan bereitgestellte Image unserer ST-506 Platte hat sich immer noch nicht zum Laufen bewegen lassen. Nachdem wir jetzt schon so lange gemeinsam nach irgendeiner Lösung gesucht hatten den Rechner zum Leben zu erwecken, fragte Jonathan bei einem Bekannten nach. Er wusste von ihm, dass dieser noch einige IMS-Platinen sein eigen nennt. Und so erreichte das Museum nach einiger Zeit ein Paket aus El Paso (USA) mit einer Z80-Prozessor-Karte, einer seriellen Karte mit Boot-ROM und einem Diskettencontroller. Alles fein säuberlich repariert, getestet und mit passendenden Boot-Floppys ergänzt. Wow, ab da ging es mit sehr großen Schritten in Richtung Ziel.

Einige Abende später war der Rechner in der Lage von einem Teac Laufwerk mit 300 rpm das TurboDOS zu booten und die ST-506 Festplatte wurde zumindest als vorhanden erkannt. Aber es stellte sich schnell heraus, dass sie zu viele defekte Sektoren hatte um sie weiter benutzen zu können. Also wurde als Ersatzlaufwerk eine ST-221 mit 20 MB als 5 MB Festplatte verwendet. Mit ein wenig Parameter herumspielen und einer jetzt passenden IMG.CFG habe ich im Anschluss sogar ein GOTEK-Laufwerk mit FlashFloppy zum Arbeiten überreden können.

Zusammengefasst:  Der ehemalige IMSAI8080, der eigentlich ein Kneisner M100 ist, ist heute in der Lage von GOTEK oder Diskette zu booten. Stellt man keine Diskette bereit, dann bootet er nach ein paar Sekunden fehlerfrei von der Festplatte und stellt dort einiges an Software zur Verfügung. U.a. einige Programmiersprachen wie TurboPascal 3 von Borland oder auch eine Forth-Umgebung.

Während den 1 1/2 Jahren Reparatur geisterte mir immer wieder ein Gedanke durch den Kopf. Wenn der Rechner irgendwann mal wieder zurück ins Leben geholt werden kann, dann muss er auch hübsch sein. Und alle sollen einen Blick hineinwerfen können :) Gesagt, getan und in die Tat umgesetzt. Hier bei uns im Ort gibt es eine alteingesessene Metallbaufirma, die Firma Indorf Apparatebau. Übrigens befand sie sich als der IMSAI im Jahre 1975 vorgestellt wurde gerade in der Pubertät, da in diesem Jahr das 65 Jährige Firmenjubiläum begangen wurde. Der komplette Nachbau der beiden bestehenden Alu-Gehäusedeckel in einem CAD-Programm, die anschliessende Fertigung mittels eines Laser-Cutters und das Finishing mit schwarzer Pulverbeschichtung wurde dem Computermuseum kostenlos zur Verfügung gestellt. Wir können an dieser Stelle nicht mehr als uns vielmals und ganz heftig dafür zu bedanken. Und sind alle immer noch ganz hin und weg ob der Qualität der Arbeit...

Auch geht unser Dank an alle die uns ebenso tatkräftig unterstützt haben. Zuallererst sei Jonathan mit seinem zeitlichen und materiellen Einsatz genannt. Auch für seine Geduld, wenn ich mal wieder, für ihn selbstverständliche, doofe Fragen gestellt habe. Ebenso an Bodo für die Zusendung der alten Quelltexte, die bei ihm und uns gut weggesichert wurden. Und zu allerletzt an die Firma IMS für dieses Urgestein an Hardware, welcher noch vor dem TRS-80 die Ära der Homecomputer eingeläutet hat.

In diesem Zusammenhang noch eine witzige Geschichte: Jonathan betreut noch einen Kunden, der seine Firmen-EDV noch immer auf dieser alten Maschine IMSAI8080 betreibt :)

Ach ja, von wegen Blick hineinwerfen. Für das Hauptgehäuse wurde eigens ein Ausschnitt mit eingeplant, in dem jetzt eine Plexiglasscheibe einen Blick auf die verbaute Hardware und das Monster-Netzteil ermöglicht. Wir finden der nunmehr 50 Jährige Rechner ist jetzt eine richtige Schönheit geworden und jede investierte Stunde hat sich gelohnt. Daher auch die Überschrift, weil zu oft muss ich das nicht mehr tun ;)

Gespeichert von Administration am